Dirac-Operator

Der Dirac-Operator ist ein Differentialoperator, der eine Quadratwurzel aus dem Laplace-Operator ist. Der ursprüngliche Fall, mit dem sich Paul Dirac beschäftigte, war die formale Faktorisierung eines Operators für den Minkowski-Raum, der die Quantentheorie mit der speziellen Relativitätstheorie verträglich macht.

Definition

Es sei D Diff 1 ( V , V ) {\displaystyle D\in \operatorname {Diff} ^{1}(V,V)} ein geometrischer Differentialoperator erster Ordnung, der auf ein Vektorbündel V M {\displaystyle V\to M} über einer riemannschen Mannigfaltigkeit M {\displaystyle M} wirkt. Wenn dann

D 2 = Δ , {\displaystyle D^{2}=\Delta \,,}

gilt, wobei Δ {\displaystyle \Delta } ein verallgemeinerter Laplace-Operator auf V {\displaystyle V} ist, so heißt D {\displaystyle D} Dirac-Operator.[1]

Geschichte

Ursprünglich hatte Paul Dirac die Wurzel aus dem D’Alembertoperator {\displaystyle \square } betrachtet und damit die relativistische Quantenfeldtheorie eines Elektrons begründen wollen.

Dirac betrachtete für n=3 den Differentialoperator

i = 0 n γ i x i , {\displaystyle \sum _{i=0}^{n}\gamma _{i}{\frac {\partial }{\partial x_{i}}}\,,}

wobei γ i {\displaystyle \gamma _{i}} die Dirac-Matrizen sind. Dieser ist jedoch nach heutigem Verständnis kein Dirac-Operator mehr.[2]

In den 1960ern griffen Michael Francis Atiyah und Isadore M. Singer diesen von Dirac definierten Differentialoperator auf und entwickelten daraus den hier im Artikel hauptsächlich beschriebenen (verallgemeinerten) Dirac-Operator. Der Name Dirac-Operator wurde von Atiyah und Singer geprägt. Der Operator beeinflusste die Mathematik und die mathematische Physik des 20. Jahrhunderts stark.[3]

Der Dirac-Operator eines Dirac-Bündels

Es sei ( M , g ) {\displaystyle (M,g)} eine riemannsche Mannigfaltigkeit und ( E , h , E ) {\displaystyle ({\mathcal {E}},h,\nabla ^{\mathcal {E}})} ein Dirac-Bündel, bestehend aus einem Clifford-Modul-Bündel E M {\displaystyle {\mathcal {E}}\to M} einer hermiteschen Metrik h {\displaystyle h} auf E {\displaystyle {\mathcal {E}}} und einem Clifford-Zusammenhang E {\displaystyle \nabla ^{\mathcal {E}}} auf E {\displaystyle {\mathcal {E}}} . Dann ist der Operator

D : Γ ( M , E ) E Γ ( M , T M E ) c Γ ( M , E ) {\displaystyle D\colon \Gamma (M,{\mathcal {E}}){\xrightarrow {\nabla ^{\mathcal {E}}}}\Gamma (M,T^{*}M\otimes {\mathcal {E}}){\xrightarrow {c}}\Gamma (M,{\mathcal {E}})}

der zum Dirac-Bündel ( E , h , E ) {\displaystyle (E,h,\nabla ^{\mathcal {E}})} assoziierte Dirac-Operator. In lokalen Koordinaten hat er die Darstellung

D = i = 1 n c ( d x i ) i E . {\displaystyle D=\sum _{i=1}^{n}c(\mathrm {d} x^{i})\nabla _{\partial _{i}}^{\mathcal {E}}\,.}

Beispiele

Elementares Beispiel

Der Operator i x {\displaystyle -i\partial _{x}} ist ein Dirac-Operator über dem Tangentialbündel von R {\displaystyle \mathbb {R} } .

Spin-Dirac-Operator

Betrachtet werde der Konfigurationsraum eines Teilchens mit Spin 1/2, das auf die Ebene R 2 {\displaystyle \mathbb {R} ^{2}} beschränkt ist, welche die Basis-Mannigfaltigkeit bildet. Der Zustand wird durch eine Wellenfunktion ψG mit zwei komplexen Komponenten beschrieben, für die also jeweils R 2 C {\displaystyle \mathbb {R} ^{2}\to \mathbb {C} \,} gelten soll, wobei Gesamtzustände, die sich nur um einen komplexen Faktor unterscheiden, identifiziert werden. Der Gesamtzustand ist also:

ψ G = [ χ ( x , y ) η ( x , y ) ] . {\displaystyle \psi _{G}={\begin{bmatrix}\chi _{\uparrow }(x,y)\\\eta _{\downarrow }(x,y)\end{bmatrix}}\,.}

Dabei sind x {\displaystyle x} und y {\displaystyle y} die üblichen kartesischen Koordinaten auf R 2 {\displaystyle \mathbb {R} ^{2}} : χ {\displaystyle \chi _{\uparrow }} definiert die Wahrscheinlichkeitsamplitude für die aufwärts gerichteten Spin-Komponente (Spin-Up), und analog η {\displaystyle \eta _{\downarrow }} für die Spin-Down-Komponente. Der sogenannte Spin-Dirac-Operator kann dann geschrieben werden als

D = i σ x x i σ y y , {\displaystyle D=-i\sigma _{x}\partial _{x}-i\sigma _{y}\partial _{y},}

wobei σx und σy die Pauli-Matrizen sind. Man beachte, dass die antikommutativen Beziehungen der Pauli-Matrizen einen Beweis der obigen Definition trivial machen. Diese Beziehungen definieren den Begriff der Clifford-Algebra#Beispiele am Beispiel der Quaternionen-Algebra. Lösungen der Dirac-Gleichung für Spinor-Felder werden oft harmonische Spinoren genannt[4].

Hodge-De-Rham-Operator

Sei ( M , g ) {\displaystyle (M,g)} eine orientierbare riemannsche Mannigfaltigkeit und sei d : A ( M ) 1 A ( M ) {\displaystyle \mathrm {d} \colon {\mathcal {A}}(M)^{\bullet -1}\to {\mathcal {A}}^{\bullet }(M)} die äußere Ableitung und d t : A ( M ) A 1 ( M ) {\displaystyle \mathrm {d} ^{t}\colon {\mathcal {A}}^{\bullet }(M)\to {\mathcal {A}}^{\bullet -1}(M)} der zur äußeren Ableitung bezüglich der L²-Metrik adjungierte Operator. Dann ist

d + d t : A ( M ) A ( M ) {\displaystyle \mathrm {d} +\mathrm {d} ^{t}\colon {\mathcal {A}}^{\bullet }(M)\to {\mathcal {A}}^{\bullet }(M)}

ein Dirac-Operator.[5]

Atiyah-Singer-Dirac-Operator

Es gibt auch einen Dirac-Operator in der Clifford-Analysis. Im n-dimensionalen euklidischen Raum, d. h. für R n R n , {\displaystyle \mathbb {R} ^{n}\to \mathbb {R} ^{n}\,,} ist das
     D = j = 1 n e j x j {\displaystyle D=\sum _{j=1}^{n}e_{j}{\frac {\partial }{\partial x_{j}}}}
wobei
     { e j : j = 1 , , n } {\displaystyle \{e_{j}:j=1,\ldots ,n\}}
eine Orthonormal-Basis des euklidischen Raumes ist und R n {\displaystyle \mathbb {R} ^{n}} in eine Clifford-Algebra eingebettet ist. Dies ist ein Spezialfall des Atiyah-Singer-Dirac-Operators, der auf den Schnitten eines Spinor-Bündels wirkt.

Für eine Spin-Mannigfaltigkeit M {\displaystyle M} , ist der Atiyah-Singer-Dirac-Operator lokal folgendermaßen definiert:
Für x M {\displaystyle x\in M} und e 1 ( x ) , , e j ( x ) {\displaystyle e_{1}(x),\ldots ,e_{j}(x)} eine lokale Orthonormalbasis für den Tangentenraum von M {\displaystyle M} in x {\displaystyle x} ist der Atiyah-Singer-Dirac-Operator
     j = 1 n e j ( x ) Γ ~ e j ( x ) {\displaystyle \sum _{j=1}^{n}e_{j}(x){\tilde {\Gamma }}_{e_{j}(x)}} ,
wobei Γ ~ {\displaystyle {\tilde {\Gamma }}} ein Paralleltransport des Levi-Civita-Zusammenhangs auf M {\displaystyle M} für das Spinor-Bündel über M {\displaystyle M} ist.

Eigenschaften

Das Hauptsymbol eines verallgemeinerten Laplace-Operators ist ξ ξ 2 {\displaystyle \xi \mapsto \|\xi \|^{2}} . Entsprechend ist das Hauptsymbol eines Dirac-Operators ξ ξ {\displaystyle \xi \mapsto \|\xi \|} und somit sind beide Klassen von Differentialoperatoren elliptisch.

Verallgemeinerungen

Der Operator D : C ( R k R n , S ) C ( R k R n , C k S ) {\displaystyle D\colon C^{\infty }(\mathbb {R} ^{k}\otimes \mathbb {R} ^{n},S)\to C^{\infty }(\mathbb {R} ^{k}\otimes \mathbb {R} ^{n},\mathbb {C} ^{k}\otimes S)} , der auf die nachfolgend definierten spinorwertige Funktionen wirkt,

f ( x 1 , , x k ) ( x 1 _ f x 2 _ f x k _ f ) {\displaystyle f(x_{1},\ldots ,x_{k})\mapsto {\begin{pmatrix}\partial _{\underline {x_{1}}}f\\\partial _{\underline {x_{2}}}f\\\ldots \\\partial _{\underline {x_{k}}}f\\\end{pmatrix}}}

wird in der Clifford-Analysis oft als Dirac-Operator in k Clifford-Variablen genannt. In dieser Notation ist S der Raum von Spinoren, x i = ( x i 1 , x i 2 , , x i n ) {\displaystyle x_{i}=(x_{i1},x_{i2},\ldots ,x_{in})} sind n-dimensionale Variablen und x i _ = j e j x i j {\displaystyle \textstyle \partial _{\underline {x_{i}}}=\sum _{j}e_{j}\cdot \partial _{x_{ij}}} ist der Dirac-Operator in der i {\displaystyle i} -ten Variablen. Dies ist eine gebräuchliche Verallgemeinerung des Dirac-Operators (k=1) und der Dolbeault-Kohomologie (n=2, k beliebig). Er ist ein Differentialoperator, der invariant zu der Operation der Gruppe SL ( k ) × Spin ( n ) {\displaystyle \operatorname {SL} (k)\times \operatorname {Spin} (n)} ist. Die Injektive Auflösung von D ist nur für einige Spezialfälle bekannt.

Siehe auch

Literatur

  • Thomas Friedrich: Dirac Operators in Riemannian Geometry (Dirac-Operatoren in der Riemannschen Geometrie, 1997). American Mathematical Society, Providence, R.I. 2000, ISBN 978-0-8218-2055-1.
  • Fabrizio Colombo, Irene Sabadini: Analysis of Dirac Systems and Computational Algebra (Progress in mathematical physics; Bd. 39). Birkhäuser, Boston, Mass. 2004, ISBN 978-0-8176-4255-6.

Einzelnachweise

  1. Liviu I. Nicolaescu: Lectures on the geometry of manifolds. 2nd edition. World Scientific Pub Co., Singapore u. a. 2007, ISBN 978-981-270-853-3, S. 498
  2. Herbert Schröder: Funktionalanalysis. 2. korr. Auflage. Harri Deutsch, 2000, ISBN 3-8171-1623-3, S. 364. 
  3. Yanlin Yu: The index theorem & the heat equation method. 1. Auflage. World Scientify, Singapur 2001, ISBN 981-02-4610-2, S. 195. 
  4. D. V. Alekseevskii (originator): Spinor structure. Encyclopedia of Mathematics
  5. Liviu I. Nicolaescu: Lectures on the geometry of manifolds. 2nd edition. World Scientific Pub Co., Singapore u. a. 2007, ISBN 978-981-270-853-3, S. 499