Jones-Polynom

Das Jones-Polynom ist eine der wichtigsten Invarianten von Knoten und Verschlingungen, die in der Knotentheorie, einem Teilgebiet der Topologie, untersucht wird. Es ist ein Laurent-Polynom in t {\displaystyle {\sqrt {t}}} .

Es wurde 1984 von Vaughan F. R. Jones entdeckt, der unter anderem dafür 1990 die Fields-Medaille erhielt.

Definition durch Kauffman-Klammer

Sei L {\displaystyle L} eine Verschlingung. Das Kauffman-Klammerpolynom L {\displaystyle \langle L\rangle } ist ein zu einem Diagramm von L {\displaystyle L} assoziiertes Laurent-Polynom in A {\displaystyle A} . Das normierte Kauffman-Polynom wird dann definiert durch die Formel X ( L ) = ( A 3 ) w ( L ) L {\displaystyle X(L)=(-A^{3})^{-w(L)}\langle L\rangle } , wobei w ( L ) {\displaystyle w(L)} die Verwringung von L {\displaystyle L} bezeichnet. X ( L ) {\displaystyle X(L)} ist invariant unter Reidemeister-Bewegungen und definiert deshalb eine Invariante von Verschlingungen. Das Jones-Polynom V ( L ) {\displaystyle V(L)} erhält man, indem man A = t 1 / 4 {\displaystyle A=t^{-1/4}} in X ( L ) {\displaystyle X(L)} substituiert.

Definition durch Zopfgruppendarstellungen

Sei L {\displaystyle L} eine Verschlingung. Nach einem Satz von Alexander ist L {\displaystyle L} der Abschluss eines Zopfes mit n {\displaystyle n} Komponenten. Eine Darstellung ρ {\displaystyle \rho } der Zopfgruppe B n {\displaystyle B_{n}} in die Temperley–Lieb-Algebra T L n {\displaystyle TL_{n}} mit Koeffizienten in Z [ A , A 1 ] {\displaystyle \mathbb {Z} [A,A^{-1}]} und δ = A 2 A 2 {\displaystyle \delta =-A^{2}-A^{-2}} wird definiert, indem man den Erzeuger σ i {\displaystyle \sigma _{i}} auf A e i + A 1 1 {\displaystyle A\cdot e_{i}+A^{-1}\cdot 1} abbildet, wobei 1 , e 1 , , e n 1 {\displaystyle 1,e_{1},\dots ,e_{n-1}} die Erzeuger der Temperley–Lieb-Algebra sind.

Sei σ {\displaystyle \sigma } der zu L {\displaystyle L} assoziierte Zopf. Berechne δ n 1 tr ρ ( σ ) {\displaystyle \delta ^{n-1}\operatorname {tr} \rho (\sigma )} , wobei tr {\displaystyle \operatorname {tr} } die Markov-Spur ist. Das gibt das Klammerpolynom L {\displaystyle \langle L\rangle } , aus dem dann wie im vorhergehenden Abschnitt das Jones-Polynom berechnet werden kann.

Definition durch Skein-Relationen

Man kann das Jones-Polynom (eindeutig) dadurch charakterisieren, dass es dem trivialen Knoten den Wert 1 zuordnet und die folgende Skein-Relation erfüllt:

( t 1 / 2 t 1 / 2 ) V ( L 0 ) = t 1 V ( L + ) t V ( L ) , {\displaystyle (t^{1/2}-t^{-1/2})V(L_{0})=t^{-1}V(L_{+})-tV(L_{-})\,,}

wobei L + {\displaystyle L_{+}} , L {\displaystyle L_{-}} und L 0 {\displaystyle L_{0}} orientierte Linkdiagramme sind, die sich innerhalb eines kleinen Gebietes wie im Bild unten unterscheiden und außerhalb dieses Gebietes identisch sind.

Skein-Relationen
Skein-Relationen

Definition durch Chern-Simons-Theorie

Das Jones-Polynom kann nach Edward Witten mit einer topologischen Quantenfeldtheorie, der Chern-Simons-Theorie, definiert werden.[1]

Anwendungen

Kauffman, Murasugi und Thistlethwaite benutzten das Jones-Polynom, um eine der aus dem 19. Jahrhundert stammenden Tait-Vermutungen zu beweisen: Für einen alternierenden Knoten hat jedes reduzierte Diagramm die kleinstmögliche Kreuzungszahl.

Unterscheidbarkeit von Knoten mittels Jones-Polynom

Es ist eine offene Frage, ob der Unknoten der einzige Knoten mit trivialem Jones-Polynom ist. Es gibt jedenfalls unterschiedliche Knoten mit demselben Jones-Polynom, zum Beispiel haben Mutationen eines Knotens dasselbe Jones-Polynom.

Spezielle Werte

  • Für einen Knoten ist V ( 1 ) = 1 {\displaystyle V(1)=1} , für eine Verschlingung mit l 2 {\displaystyle l\geq 2} Komponenten ist V ( 1 ) = 1 2 l 1 {\displaystyle V(1)={\frac {1}{2^{l-1}}}} .
  • Falls die Arf-Invariante definiert ist, ist V ( i ) = ( 2 ) l 1 ( 1 ) A r f ( L ) {\displaystyle V(i)=(-{\sqrt {2}})^{l-1}(-1)^{Arf(L)}} .
  • V ( e 2 π i 3 ) = 1 {\displaystyle V(e^{\frac {2\pi i}{3}})=1} .
  • Die Werte in Einheitswurzeln sind in der Chern-Simons-Theorie von Bedeutung.

Siehe auch

Literatur

  • Vaughan F. R. Jones: A polynomial invariant for knots via von Neumann algebras. In: Hyman Bass, Meyer Jerison, Calvin C. Moore (Hrsg.): Bulletin of the American Mathematical Society (New Series). Vol. 12, Nr. 1. American Mathematical Society, 1985, ISSN 0273-0979, S. 103–111, doi:10.1090/S0273-0979-1985-15304-2 (ams.org [PDF; abgerufen am 2. Dezember 2012]). 
  • Louis H. Kauffman: State models and the Jones polynomial. In: Topology. Vol. 26, Nr. 3. Elsevier, 1987, ISSN 0040-9383, S. 395–407, doi:10.1016/0040-9383(87)90009-7 (knot.kaist.ac.kr [PDF; abgerufen am 2. Dezember 2012]). 
  • Pierre de la Harpe, Michel Kervaire, Claude Weber: On the Jones polynomial. In: Enseign. Math. (2) 32 (1986), no. 3–4, S. 271–335.
  • W. B. Raymond Lickorish: An introduction to knot theory (= Graduate Texts in Mathematics. Band 175). Springer, New York 1997, ISBN 0-387-98254-X. 
  • Edward Witten: Two Lectures on the Jones Polynomial and Khovanov Homology. (PDF; 619 kB)
  • Alan Chang: On the Jones polynomial and its applications.

Einzelnachweise

  1. Witten, op.cit.