Konvexer Kern

In der Geometrie und Topologie spielt der konvexe Kern (engl. convex core, franz. âme convexe) eine wichtige Rolle vor allem in der Theorie hyperbolischer 3-Mannigfaltigkeiten.

Definition

Es sei M {\displaystyle M} eine Riemannsche Mannigfaltigkeit oder ein CAT(0)-Raum. Der konvexe Kern C ( M ) {\displaystyle C(M)} ist eine minimale nichtleere konvexe Teilmenge, für die die Inklusion C ( M ) M {\displaystyle C(M)\to M} eine Homotopieäquivalenz ist.

Konvexe Hülle der Limesmenge

Für Mannigfaltigkeiten negativer Schnittkrümmung kann man den konvexen Kern alternativ wie folgt definieren. Es sei M ~ {\displaystyle {\widetilde {M}}} die universelle Überlagerung, also M = Γ M ~ {\displaystyle M=\Gamma \backslash {\widetilde {M}}} für eine diskrete Gruppe von Isometrien. Sei Λ ( Γ ) M ~ {\displaystyle \Lambda (\Gamma )\in \partial _{\infty }{\widetilde {M}}} die Limesmenge von Γ {\displaystyle \Gamma } in der Sphäre im Unendlichen und C ( Λ ( Γ ) ) M ~ {\displaystyle C(\Lambda (\Gamma ))\subset {\widetilde {M}}} ihre konvexe Hülle. Dann ist

C ( M ) = Γ C ( Λ ( Γ ) ) {\displaystyle C(M)=\Gamma \backslash C(\Lambda (\Gamma ))} .

Die konvexe Hülle der Limesmenge ist also die universelle Überlagerung des konvexen Kerns.

Für jeden Punkt x M ~ {\displaystyle x\in {\widetilde {M}}} gibt es einen eindeutigen Punkt r ( x ) C ( Λ ( Γ ) ) {\displaystyle r(x)\in C(\Lambda (\Gamma ))} mit

d ( x , r ( x ) ) = min { d ( x , y ) : y C ( Λ ( Γ ) ) } {\displaystyle d(x,r(x))=\min \left\{d(x,y):y\in C(\Lambda (\Gamma ))\right\}} .

Die so definierte Abbildung r : M ~ C ( Λ ( Γ ) ) {\displaystyle r\colon {\widetilde {M}}\to C(\Lambda (\Gamma ))} lässt sich zu einer stetigen Abbildung r : M ~ Ω ( Γ ) C ( Λ ( Γ ) ) {\displaystyle r\colon {\widetilde {M}}\cup \Omega (\Gamma )\to C(\Lambda (\Gamma ))} fortsetzen.

Rand des konvexen Kerns

Der Rand des konvexen Kerns ist im Allgemeinen keine glatte Mannigfaltigkeit. Im Falle hyperbolischer 3-Mannigfaltigkeiten wird der Rand des konvexen Kerns als gefaltete Fläche (engl.: pleated surface) bezeichnet. Man betrachtet deshalb oft eine δ {\displaystyle \delta } -Umgebung des konvexen Kernes für ein (beliebiges) δ > 0 {\displaystyle \delta >0} . Der Rand der δ {\displaystyle \delta } -Umgebung ist eine glatte Mannigfaltigkeit.

Die Inklusion der δ {\displaystyle \delta } -Umgebung in M {\displaystyle M} ist ein Deformationsretrakt.

Im Fall hyperbolischer 3-Mannigfaltigkeiten ist die δ {\displaystyle \delta } -Umgebung des konvexen Kerns homöomorph zur Kleinschen Mannigfaltigkeit Γ ( H 3 Ω ( Γ ) ) {\displaystyle \Gamma \backslash (H^{3}\cup \Omega (\Gamma ))} , wobei Ω ( Γ ) {\displaystyle \Omega (\Gamma )} den Diskontinuitätsbereich für die Wirkung von Γ {\displaystyle \Gamma } auf der Sphäre im Unendlichen bezeichnet. Insbesondere ist in diesem Fall der Rand des konvexen Kerns homöomorph zu Γ Ω ( Γ ) {\displaystyle \Gamma \backslash \Omega (\Gamma )} .

Konvex-kokompakte und geometrisch endliche Gruppen

Eine diskrete Gruppe Γ {\displaystyle \Gamma } von Isometrien eines CAT(0)-Raumes M ~ {\displaystyle {\widetilde {M}}} (zum Beispiel des hyperbolischen Raumes H n {\displaystyle H^{n}} ) heißt konvex-kokompakt, wenn der konvexe Kern von M = Γ M ~ {\displaystyle M=\Gamma \backslash {\widetilde {M}}} kompakt ist. Sie heißt geometrisch endlich, wenn eine (also jede) δ {\displaystyle \delta } -Umgebung des konvexen Kernes endliches Volumen hat.

Literatur

  • William P. Thurston: The Geometry and Topology of Three-Manifolds online
  • Matsuzaki, Katsuhiko; Taniguchi, Masahiko: Hyperbolic manifolds and Kleinian groups. Oxford Mathematical Monographs. Oxford Science Publications. The Clarendon Press, Oxford University Press, New York, 1998, ISBN 0-19-850062-9
  • Canary, R. D.; Epstein, D. B. A.; Green, P. L.: Notes on notes of Thurston. With a new foreword by Canary. London Math. Soc. Lecture Note Ser., 328, Cambridge Univ. Press, Cambridge, 2006.
  • Epstein, D. B. A.; Marden, A.: Convex hulls in hyperbolic space, a theorem of Sullivan, and measured pleated surfaces. Fundamentals of hyperbolic geometry: selected expositions, 117–266, London Math. Soc. Lecture Note Ser., 328, Cambridge Univ. Press, Cambridge, 2006.
  • Bridgeman, Martin; Canary, Richard D.: The Thurston metric on hyperbolic domains and boundaries of convex hulls. Geom. Funct. Anal. 20 (2010), no. 6, 1317–1353. pdf