Reitendiener

Reitende Diener dem Himmelwagen folgend, kolorierte Radierung von Christoffer Suhr 1822
Reitendiener im Trauerzug Paul Hoffs am 25. Januar 1928 in Lübeck
Reitendiener bei der Beisetzung von Wilhelm Cuno 1933
Hamburger Sargträger in der Tracht der Reitendiener, Trauerfeier für Helmut Schmidt 2015

Reitendiener (auch Reiten-Diener, nach Grimm die hochdeutsche Übertragung des niederdeutschen rîdendêner (für rîdene dêner)) waren ursprünglich berittene Ratsdiener in den norddeutschen Städten. Sie bedienten Ratsherren und Bürgermeister bei Ratssitzungen und Festbanketten, dienten als deren Trabanten-Leibwache, waren Kuriere, Polizeitruppe und Eskorte der Delinquenten zur Hinrichtung. Auch der Martensmann war ursprünglich ein Reitendiener.

In Hamburg entwickelte sich der Brauch, dass die Reitendiener gegen Bezahlung bei Hochzeiten dem Brautpaar aufwarteten, bei Begräbnissen das Gefolge bildeten und den Sarg zu Grabe trugen. Meist trugen sie bei Begräbnissen nach spanischer Tracht einen faltigen Mantel, Pluderhosen, weißen gefalteten Kragen und Trauerdegen.[1] Dieser Brauch wurde 1866 abgeschafft. Am 7. Februar desselben Jahres bildeten Hamburger Bestatter den Beerdigungsverein St. Anschar[2], der seitdem Träger stellt, die ähnlich gekleidet sind wie die ehemaligen Reitendiener.[3]

In Lüneburg ist die Reitende-Diener-Straße (ursprünglich Reitendienerstraße) nach ihnen benannt.

Literatur

  • Ruth Werderitsch: Bestattungskultur im 18. Jahrhundert – Die Reitendiener und der eitle Pomp. In: Lichtwark-Heft. Nr. 72, 2007, ISSN 1862-3549.
  • Cipriano Francisco Gaedechens: Der Herrenstall und die Reiten-Diener (= Verein für hamburgische Geschichte [Hrsg.]: Zeitschrift des Vereins für hamburgische Geschichte. Band 9). Hamburg 1894, S. 517–556 (uni-hamburg.de). 
  • Friedrich Georg Buek: Album hamburgischer Costume. Berendsohn, Hamburg 1847, S. 3 [19] (uni-hamburg.de). 
  • Nikolaus Adolf Westphalen: Kanzlei–Personal. Reitende Diener. In: Hamburgs Verfassung und Verwaltung in ihrer allmähligen Entwickelung bis auf die neueste Zeit. Band 1. Perthes-Besser & Mauke, Hamburg 1841, S. 75–76 (Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3DXpkAAAAAcAAJ~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3DPA75~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D). 
  • Johann Christian Plath: Sicherheitsanstalten. In: Ansichten der Freien Hansestadt Hamburg und ihrer Umgebung. Band 2. Friedrich Wilmans, Frankfurt/M. 1828, S. 203 (Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3DV1wAAAAAcAAJ~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3DPA202~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D – dort Fußnote). 
  • Johann Balthasar Hempel: Sonderliche Nachricht und historische Beschreibung von dem Gestiffte St. Georgens bey Hamburg. In: Ausfürliche Nachricht von dem h. Ritter Georgio. und dem, was ihm den Namen führet. J. N. Gennagels Wittwe, Hamburg 1722, VI. Von allerhand nach St. Jürgen und Georgio gehörigen Sachen, S. 258–260 [298–300] (uni-goettingen.de). 

Einzelnachweise

  1. Johann Christian Plath, Fußnote
  2. Bestattungsinstitut St. Anschar von 1866 GmbH; abgerufen am 11. Mai 2018
  3. Julius Stinde: Heinz Treulieb und allerlei Anderes. Carl Freund, Berlin 1906, Aus dem Theaterleben der Vorstadt, S. 177, urn:nbn:de:gbv:32-1-10002999662/fragment/page=191. 
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